Vier Eskalationsstufen: So hat der Bundesrat den Strom-Notfallplan angepasst

2023-03-08 16:36:55 By : Ms. Ivy Zhuang

Die Landesregierung passte an ihrer Sitzung am Freitag die entsprechenden Verordnungsentwürfe an, wie sie mitteilte. Der Bundesrat hatte den vierstufigen Massnahmenplan im November in eine verkürzte Vernehmlassung gegeben. Diese dauerte bis am 12. Dezember.

Der Bundesrat will die Massnahmen an die Schwere des allfälligen Mangels und die aktuelle Situation anpassen können - sie reichen von Sparappellen bis zu vorübergehenden Netzabschaltungen als Ultima Ratio. Die Eskalationsstufen können hintereinander oder auch parallel gezündet werden.

Aufrufe zum Sparen sind die erste Eskalationsstufe, die beim Auftauchen eines allfälligen Mangels gezündet würde. Richten würden sich diese Aufrufe zum freiwilligen Sparen an alle Privatpersonen und Betriebe. Über das Lancieren eines Sparappells entscheidet der Delegierte für Wirtschaftliche Landesversorgung.

Bringen Sparappelle zu wenig, würde der Bundesrat in der zweiten Eskalationsstufe Einschränkungen und Verbote für nicht zwingend benötigte Geräte und Anlagen anordnen. In einem ersten Schritt wäre beispielsweise für Waschmaschinen eine Höchsttemperatur von 40 Grad vorgeschrieben. Beleuchtungen zu Werbezwecken müssten zwischen 23.00 Uhr und 05.00 Uhr gelöscht werden. In einem weiteren Schritt würden beispielsweise Beleuchtungen zu Werbezwecken ganz verboten. Gewerbliche Wellnessanlagen könnten nur noch zeitlich begrenzt betrieben werden. In einem dritten Schritt würden zum Beispiel Läden weniger lang geöffnet und der Betrieb von Beschneiungsanlagen verboten.

Helfen die Sparappelle, Einschränkungen und ersten Verbote nicht, wären Kontingentierungen die dritte Eskalationsstufe. Betroffen wären etwa 34'000 Grossverbraucher mit einem Jahresverbrauch von mindestens 100 Megawattstunden, die ihren Strom im freien Markt beschaffen können. Sie machen knapp die Hälfte des Schweizer Stromkonsums aus. Über die Kontingentierung entscheidet der Bundesrat, vollziehen würde sie die Organisation für Stromversorgung in ausserordentlichen Lagen (Ostral).

Nach einer Kontingentierung könnten auch Verbote ausgesprochen werden, etwa für den Betrieb von Sport- und Kulturveranstaltungen oder von Schneesportanlagen. Ausgelegt würde die Kontingentierung auf einen Monat; die Grossverbraucher könnten den zur Verfügung stehenden Strom entsprechend ihren Bedürfnissen auf den Monat aufteilen. Möglich machen will der Bundesrat auch eine Sofortkontingentierung, die auf einen Tag ausgelegt würde.

Fehlt es an Strom und helfen alle Sparappelle und Beschränkungsmassnahmen nicht genügend, sind als vierte und letzte Stufe Netzabschaltungen vorgesehen, als Ultima Ratio. Sie sollen einen Blackout verhindern. Abwechselnd würden nach Vorankündigung in einzelnen Teilnetzgebiete der Strom abgeschaltet. Betroffen wären alle Verbraucherinnen und Verbraucher, vom Grossbetrieb bis zum Privathaushalt. Ausnahmen für die medizinische Grundversorgung, die Energie- und Wasserversorgung, Rechenzentren, die Landesflughäfen und Blaulichtorganisationen wären zwar erlaubt, aber technisch nur vereinzelt möglich. Auf ein Verbot des Hochfrequenzhandels bei Börsengeschäften wird verzichtet.

Die Temperaturvorschriften für Wohn- und Büroräume wurden nach der Vernehmlassung vereinfacht und jenen im Gasbereich angeglichen. Es gälte eine Beschränkung der Heiztemperatur auf 20 Grad Celsius. Betroffen wären aber nur Räume, die überwiegend mit elektrischer Energie geheizt werden, also zum Beispiel mit Elektroheizungen und Wärmepumpen. Ölheizungen wären nicht betroffen. Ab dem ersten Eskalationsschritt dürften Waschmaschinen mit einer Wassertemperatur von maximal 40 Grad betrieben werden.

Neu würde in der dritten Stufe auch der Betrieb von Wellness-Anlagen verboten. Dass dies ursprünglich nicht vorgesehen war, während Private ihre Wohnungen nur noch auf 18 Grad hätten heizen dürfen, war in der Vernehmlassung auf heftige Kritik gestossen.

Auf eine Höchstgeschwindigkeit auf Autobahnen von 100 statt 120 Kilometer pro Stunde wird vorderhand verzichtet.

Der Spareffekt einer tieferen Höchstgeschwindigkeit auf Autobahnen wäre nur minimal gewesen, begründete der Bundesrat den entsprechenden Entscheid. Dies, weil der Anteil an Elektroautos bislang nicht sehr gross sei. Sollte eine Strommangellage aber zeitlich mit einem Engpass beim Treibstoff zusammenfallen, könnte ein solches Tempolimit zum Einsatz kommen.

Aus umweltpolitischen Überlegungen verzichte man zudem auf die ursprünglich vorgesehene Einschränkung der Elektromobilität, sollte eine Mangellage eintreten. Die Elektromobilität soll uneingeschränkt möglich bleiben. Bei einer weiteren Zunahme der E-Mobilität könnte sie jedoch zu einem wichtigen Element werden bei der Bewältigung einer schweren Strommangellage.

Wer beispielsweise auf einen Elektrorollstuhl oder ein mit Strom betriebenes Beatmungsgerät angewiesen ist, müsste für den Fall einer Netzabschaltung vorsorgen. Die Betroffenen müssen abklären, wo sie sich bei einer im Voraus angekündigten Netzabschaltung aufhalten können, um sicher versorgt zu werden.

Entschädigungen für Betriebe wegen der Folgen von Einschränkungen sind nicht vorgesehen, unter gewissen Voraussetzungen kann Entschädigung für Kurzarbeit bezogen werden. Stromabschaltungen werden im Voraus bekanntgegeben. Jeder und jede ist selbst verantwortlich dafür, dass an seinen Geräten keine Schäden entstehen.

Für die Kontrollen, ob die Vorschriften eingehalten werden, sind die Kantone zuständig. Systematische Kontrollen sind aber nicht vorgesehen, vor allem nicht in privaten Haushalten. Der Bund setzt darauf, dass die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung Verbote und Beschränkungen in einer schweren Krise respektiert. Technische Beschränkungen setzen die Betreiber der Verteilnetze um, überwacht von der Ostral.

Das Thema Migration ist gegenwärtig sehr präsent und wird im Wahljahr 2023 eine wichtige Rolle spielen. Ist der Migrationsdruck auf die Schweiz wirklich so hoch? Anita Manatschal: Interessant ist, dass der Fokus der öffentlichen Debatte meistens auf der Immigration liegt. Dabei gibt es auch viele Leute, die die Schweiz verlassen. Für eine gesamtheitliche Betrachtungsweise muss deshalb der Migrationssaldo angeschaut werden. Sprich: die Anzahl der Menschen, die einwandern, abzüglich jener Personen, die das Land verlassen.