Pflegeheim in Kassel entsorgt Rollstühle - „Vergeudung und Verschwendung“

2023-03-08 16:08:02 By : Ms. Sue Su

Das Awo-Pflegeheim am Gesundheitszentrum in Kassel entsorgt Rollstühle und Rollatoren von verstorbenen Bewohnern. Das stößt auf Kritik.

Kassel – „Das ist eine Schande. Das ist eine Vergeudung und Verschwendung von sozialen Abgaben“, sagt ein Anwohner der Schönfelder Straße. Der Mann hat am Montag einen großen Container auf dem Gelände des Awo-Pflegeheims am Gesundheitszentrum in Wehlheiden entdeckt. Der Container, der laut Aufschrift den Stadtreinigern gehört, ist nicht etwa mit Sperrmüll gefüllt worden.

Im Laufe des Tages sind mindestens zehn Rollstühle und Rollatoren darin gelandet.

Das habe einen Wert von mehreren tausend Euro, schätzt der Mann. Allein ein Rollator koste ja schon um die 500 Euro. So manch alter Mensch mit Beeinträchtigungen, der nicht viel Geld habe, würde sich sicher über solch einen Rollator oder Rollstuhl freuen.

„Wir müssen leider ausmisten“, erklärt Laura Burriesci, stellvertretende Leiterin des Pflegheims, auf Anfrage. Die Rollstühle und Rollatoren, die in den Container gebracht wurden, stammten von mittlerweile verstorbenen Bewohnern. Sie hätten jahrelang in der Gartenlaube des Pflegeheims gestanden. Da sei jetzt kein Platz mehr.

Eigentlich hätten die Hilfsmittel von den Sanitätshäusern, die sie einst geliefert haben, auch wieder abgeholt werden müssen, sagt Pflegedienstleiter Dennis Persch. Aber trotz mehrfacher Aufforderung hätten diese Sanitätshäuser nicht reagiert. Der Nachbar, der sich darüber beschwert habe, habe vollkommen recht, sagt Persch. „Das ist Verschwendung.“ Zwar seien einige der jetzt entsorgten Rollstühle in die Jahre gekommen, aber alle könnten eigentlich repariert werden, ist sich Persch sicher. Aber das Pflegeheim habe keine andere Möglichkeit. „Wir haben keine Lagerkapazität mehr.“

Warum die Sanitätshäuser die Rollstühle und Rollatoren nicht abgeholt haben, dafür hat Persch eine Erklärung. Es gebe Krankenkassen, die bundesweit Kooperationen mit Sanitätshäusern für Hilfsmittel abschließen würden. Das habe zur Folge, dass ein Rollstuhl für einen Bewohner des Pflegeheims an der Wilhelmshöher Allee in Kassel dann zum Beispiel von einem Sanitätshaus im Schwabenland geliefert würde. Diesen Händlern sei es dann mitunter zu aufwendig, den Rollstuhl im Todesfall eines Bewohners wieder abzuholen.

Solche Probleme würde es mit Sanitätshäusern vor Ort nicht geben, sagt der Pflegedienstleiter. Das Pflegeheim habe eine Kooperation mit dem Sanitätshaus Schulte im Kasseler Königstor. „Da klappt es gut.“

„Wenn ein Hilfsmittel nicht mehr benötigt werde, dann holen wir es wieder ab“, sagt Philipp Gössler, Mitarbeiter des Sanitätshauses Schulte. Anschließend würden die Rollstühle und Rollatoren aufgearbeitet, desinfiziert und wieder verwendet.

Heutzutage sei es üblich, dass die Sanitätshäuser mit den Krankenkassen einen Vertrag über die Vermietung von Hilfsmitteln zu einem Pauschalbetrag über fünf Jahre abschließen würden. Diese würden zur Verfügung gestellt und bei Bedarf repariert.

Es sei nicht üblich, dass sie einfach entsorgt würden. Was jetzt in dem Pflegeheim am Gesundheitszentrum geschehen sei, ist nach Ansicht von Gössler wohl die „absolute Ausnahme“. (Ulrike Pflüger-Scherb)