Bürokratische Hürden, fehlende Infrastruktur: E-Mobilität bei Brandenburgs Bussen kommt nur schleppend voran

2023-03-08 16:10:44 By : Ms. Jenny J

Ende 2025 müssen 45 Prozent der neu angeschafften Busse CO₂-frei oder -arm sein. Das Land hinkt hinterher. In Potsdam fährt noch kein reiner Elektrobus.

Es war ein holpriger Start für den neuen Minibus, der seit vergangener Woche über die Insel der Blütenstadt Werder Havel (Landkreis Potsdam-Mittelmark) rollt. Zur Vorstellung des barrierefreien E-Busses hat das kommunale Busunternehmen Regiobus Potsdam-Mittelmark einige Bewohnerinnen mit Rollator und Rollstuhl des naheliegenden Altenheims Blütentraum zur Haltestelle am Werderpark eingeladen. Doch beim Befahren der Rampe, die in den Bus führt, kommen Pflegerinnen und Rollatorfahrerin durch eine Bodenschwelle ins Stocken.

Die Anschaffung des neuen leisen Kleinbusses war eine Herausforderung, erzählt Regiobus-Geschäftsführer Martin Grießner. „Entweder es gab Elektro, aber nicht barrierefrei oder es gab barrierefrei, aber dann mit Dieselmotor.“ Ein Konzept für den neuen Bus, der auf der Linie E30 Platagenplatz, Quartier Wachtelwinkel und Werderpark miteinander verbindet, lag bereits 2021 vor. Doch das Fahrzeug fehlte. Letztendlich ließ sich Regiobus seinen leisen Bus in Litauen bauen, für 230.000 Euro.

„Es ist ein Trauerspiel, dass man sich hier Busse zusammenbauen muss, wo wir doch seit langem über Barrierefreiheit und Elektro reden“, sagt Werders Bürgermeisterin Manuela Saß (CDU) vor dem neuen Kleinbus. Die Neuanschaffung neben ihr sei dennoch „ein Gewinn“.

Neben dem neuen Fahrzeug gibt es im Kreis nur einen weiteren elektrisch betriebenen Bus, der nach dem Einsatz auf der Landesgartenschau in Beelitz jetzt im Bad Belziger Stadtgebiet im Kreis Potsdam-Mittelmark fährt. „Wir wollen ihn auf verschiedenen Linien ausprobieren und testen, wo wir künftig E-Busse einsetzen können“, sagt Grießner. Nach PNN-Informationen gab es während der Schau beim Einsatz des Busses Ladeschwierigkeiten.

Derzeit liegt Brandenburgs Anteil der E-Busse am Gesamtbestand der zugelassenen Kraftomnibusse nach jüngsten Zahlen des Kraftfahrtbundesamtes von Oktober 2022 bei unter einem Prozent. Bei insgesamt 2527 zugelassenen Bussen sind das 23 elektrisch betriebene Fahrzeuge. 79 Hybridmodelle sowie 21 mit Gasantrieb kommen hinzu. Den Rest machen fast ausschließlich Dieselmotoren aus.

Damit belegt das Bundesland den viertletzten Platz im Ländervergleich – nur Sachsen-Anhalt (5), Bremen (4) und das Saarland (3) haben weniger zugelassene E-Busse. An der Spitze ist Nordrhein-Westfalen mit 295 Fahrzeugen. In Hessen sind es laut Behörde 233 E-Busse, Hamburg kommt auf 213 Fahrzeuge. In Berlin sind es 141 Batteriebusse.

Deutschlandweit waren im Oktober 1600 elektrische Busse zugelassen. Das macht 1,9 Prozent des Gesamtbestandes aus. Ein Jahr zuvor waren es noch 332 Fahrzeuge.

Laut Gesetz müssen bis Ende 2025 45 Prozent der neu angeschafften Busse im öffentlichen Personennahverkehr „sauber“ sein. Bis 2030 gilt dies für 65 Prozent der Neuanschaffungen. Mindestens die Hälfte dieser beiden Quoten muss emissionsfrei sein.

Hört man sich bei größeren Busunternehmen im Land um, ist die Beschaffung der Fahrzeuge und vor allem der Aus- beziehungsweise Umbau der Infrastruktur ein Problem. Ladestationen und Wasserstofftankstellen müssen erst gebaut werden. Betriebshöfe sind dafür teils nicht angelegt. Häufig ist auch der Denkmalschutz ein Hindernis. Und die Kosten für die Umrüstung sind hoch.

Andreas Franke, Prokurist bei der Verkehrsgesellschaft Teltow-Fläming (VTF) sagt, alleine könnten die Busunternehmen die Umrüstung auf CO₂-arme sowie -freie Fahrzeuge mitsamt der notwendigen Infrastruktur nicht stemmen. „Für zehn Busse brauchen wir zwei Trafostationen. Auch müssen wir erst die Anschlüsse legen. Da sind wir schnell im fünf- bis sechsstelligen Bereich.“ Auch das Antragsverfahren für Förderungen sei kompliziert. „Dafür bräuchten wir extra Personal, das haben die Umlandbusunternehmen nicht.“

VTF hat derzeit einen Hybridbus im Programm. Insgesamt hat das Unternehmen 106 Busse. 2023 müssen sechs neue Fahrzeuge angeschafft werden. Aktuell laufe eine Machbarkeitsstudie, die klären soll, auf welchen Strecken welche Antriebsart möglich ist.

Denn das Problem der märkischen Busunternehmen ist auch die Reichweite der Batterien. Zwar bieten manche Hersteller bereits Batterien mit einer Laufzeit bis zu 600 Kilometer an. Ulf Raschke, Bereichsleiter Technik bei der Barnimer Busgesellschaft (BBG), sagt: „Die Batterien sind dann mitunter so groß, dass sie nicht mehr unter jedes Fahrzeug passen.“

Die BBG, die bereits zwölf Oberleitungsbusse in Betrieb hat, will Anfang April sechs mit Wasserstoff betriebene Busse anschaffen. Finanziert werden diese durch die Investitionsbank des Landes Brandenburg, den Kreis und die Busgesellschaft. Eigentlich wollte das Unternehmen die neuen Busse schon im Dezember einsetzen, aber es habe Lieferprobleme gegeben. Da es mit der Umrüstung der Tankstelle etwas Zeit brauche, plant die BBG, die neuen Busse ab 2024 einzusetzen.

Havelbus hat an seinem Betriebshof Falkensee zwar die nötige Infrastruktur, aber noch keine elektrischen Busse. Der Kreistag bewilligte im Dezember auch die Anschaffung von zehn Elektrobussen für 2024, sagt Sprecherin Silke Van Ballaer. Derzeit befinden sich diese in der Ausschreibung. Ein Antrag beim Bundesverkehrsministerium für 30 elektrische Busse sei aufgrund großer Nachfrage abgelehnt worden, so Van Ballaer.

In Potsdam ist derzeit kein Elektrobus im Einsatz, aber 14 Mild-Hybrid-Fahrzeuge, die mit Verbrennungs- und Elektromotor arbeiten. „Wir werden in diesem Jahr mit dem Beschaffungsprozess für Elektrobusse starten“, sagt Sprecher Stefan Klotz.

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